Adecco Group Swiss Job Market Index (Job Index)
Zürich, 24.April 2025 – Nach einem Tiefpunkt Ende 2024 zeigt der Schweizer Stellenmarkt im ersten Quartal 2025 erste Anzeichen einer leichten Erholung – trotz anhaltender wirtschaftlicher Unsicherheiten. Zudem haben Berufseinsteiger seit der Corona-Pandemie bessere Chancen denn je – ihr Anteil an den offenen Stellen ist deutlich gestiegen und erreicht aktuell ein Rekordniveau.
Dies zeigt der Adecco Group Swiss Job Market Index, die wissenschaftlich fundierte Studie der Adecco Gruppe Schweiz und des Stellenmarkt-Monitors Schweiz der Universität Zürich.
«Trotz einer leichten Erholung der Gesamtwirtschaft im ersten Quartal 2025 gegenüber dem Vorquartal bleibt die Lage der Schweizer Wirtschaft weiterhin unsicher, gegeben dem drohenden Handelskonflikt mit den USA und der geopolitischen Lage. Prognosen gehen von einem moderaten BIP- und Stellenwachstum aus. Indikatoren wie der KOF Beschäftigungsindikator und der Adecco Group Job Market Index deuten auf eine leichte Beruhigung am Arbeitsmarkt hin.»
Marcel Keller, Country President Adecco Gruppe Schweiz
Berufseinsteigerstellen auf Rekordniveau
Im Fokus dieser Studie stehen Stellen für Berufseinsteiger:innen. Dabei wurde die Veränderung des Anteils Berufseinsteigerstellen am gesamten Stellenangebot nach Berufsgruppen, Ausbildungsniveau, Unternehmensgrösse und Grossregion untersucht.
- Der Anteil an offenen Stellen für Berufseinsteiger:innen ist zwischen 2015/16 und 2024/25 in vielen Bereichen kontinuierlich gestiegen, insbesondere jedoch in der Zeit nach 2020
- Ein speziell hohes Wachstum an Berufseinsteigerstellen verzeichneten die MINT- und Gesundheitsberufe sowie bestimmte Grossregionen wie dem Espace Mittelland.
- Anteil Berufseinsteigerstellen mit höheren Bildungsanforderungen, die einen Abschluss auf Sekundar-II oder Tertiärstufe voraussetzen (z. B. Lehre oder Mittelschule), hat spürbar zugenommen
- Mittel- und Grossunternehmen rekrutieren verstärkt Berufseinsteiger:innen und sind damit eher bereit, eine geringere Anfangsproduktivität in Kauf zu nehmen, um ihre Stellen überhaupt besetzen zu können.
Spezialfokus: Stellen für Berufseinsteiger:innen
Anfang 2020 sorgte die Corona-Pandemie für einen wirtschaftlichen Abschwung der Schweizer Wirtschaft. Wie viele Studien belegen, sind junge Berufseinsteiger:innen besonders anfällig für die negativen Effekte wirtschaftlicher Krisen. Im Gegensatz zu früheren Rezessionen erholte sich der Arbeitsmarkt für Berufseinsteiger:innen erstaunlich schnell von den negativen Folgen der Pandemie. Sie profitierten besonders vom historischen Anstieg offener Stellen nach 2020 – die Zahl Berufseinsteigerstellen nahm überdurchschnittlich zu (siehe Grafik unten). So stieg ihr Anteil am gesamten Stellenangebot von 21% im Jahr 2019 auf 28,8 % im ersten Quartal 2025. Bemerkenswert ist, dass dieser Anteil weiter wächst, obwohl die Gesamtzahl offener Stellen seit Mitte 2023 rückläufig ist.
Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, welche spezifischen Merkmale von Stelleninseraten den überdurchschnittlichen Zuwachs an Berufseinsteigerstellen beeinflusst haben könnten. Dazu wird analysiert, wie sich der Anteil an Berufseinsteigerstellen, differenziert nach Merkmalen von Stelleninseraten, über die Zeit verändert hat— und wo er heute steht. Zum Vergleich ähnlicher Zeiträume wird der Durchschnitt vom 2.Quartal 2015–1.Quartal 2016 mit dem vom 2.Quartal 2024–1.Quartal 2025 verglichen. In diesem Zeitraum stieg der Anteil an Berufseinsteigerstellen insgesamt um 6.3 Prozentpunkte auf 27.7% in 2024/25.
Differenzierung nach Berufsgruppen weist deutliche Unterschiede auf
Den stärksten Zuwachs an Berufseinsteigerstellen von 2015/16 bis 2024/25 verzeichneten mit +7.9 Prozentpunkten (PP) die Hochschulberufe MINT und Gesundheit. Wobei insbesondere die Hochschulberufe Gesundheit (wie Ärzte und Pflegefachkräfte) zu diesem Anstieg beitrugen, die laut Adecco Fachkräftemangel Index aktuell den grössten Mangel aufweisen (Rang 1). Daneben trugen auch die Hochschulberufe Naturwissenschaften (wie Ingenieure und Biowissenschaftler) zu dem Anstieg an Berufseinsteigerstellen bei, die ebenfalls zu den Berufsgruppen mit Fachkräftemangel zählen (Rang 4). Den zweitstärksten Zuwachs an Berufseinsteigerstellen verzeichneten Büro- und Verwaltungsfachkräfte (+3.9 PP). Insbesondere Bürofachkräfte trugen zu diesem Anstieg bei, vor allem in den Jahren 2020/2021. Jedoch ist der Anteil seit 2022 eher rückläufig, so wie die Gesamtzahl offener Stellen für diese Berufsgruppe, womöglich auf Grund des technologischen Wandels. Den drittstärksten Zuwachs erlebten die Fachkräfte im Dienstleistungs- und Verkaufsbereich (+3.6 PP), insbesondere im Zeitraum nach 2020. Diese ist mit 40.9% im Jahr 2024/25 sogar die Berufsgruppe mit dem grössten Anteil an Berufseinsteigerstellen und war seit 2021 zentraler Treiber des schweizweiten Stellenwachstums.
Demgegenüber zeigen Fachkräfte im Handwerk und Hilfskräfte nur einen geringen Anstieg (+0.5 PP) im Zeitraum 2015/16-2024/25. Nach einem Rückgang bis 2020 stieg ihr Anteil wieder auf 37,6%— ein insgesamt hoher Wert. Zudem trug diese Berufsgruppe in den letzten Jahren wesentlich zum Wachstum des Gesamtstellenangebots bei. Die Fachkräfte Technik weisen im Zeitraum 2015/16-2024/25 sogar einen Rückgang (-2.9 PP) des Anteils an Berufseinsteigerstellen auf, wofür vor allem die Untergruppe der Informations- und Kommunikationstechniker verantwortlich ist, für die die Gesamtzahl offener Stellen seit 2021 rückläufig ist.
Grossregionen: Regionale Struktur als entscheidender Faktor für die Entwicklung von Berufseinsteigerstellen
Eine regionale Differenzierung des Anteils an Berufseinsteigerstellen zeigt klare Unterschiede zwischen den Schweizer Grossregionen. An der Spitze steht die Region Espace Mittelland mit einem Anstieg der Berufseinsteigerstellen zwischen 2015/16 und 2024/25 von 11.3 Prozentpunkten und einem Anteil von 33.2% im Jahr 2024/25. Der deutliche Anstieg des Adecco Fachkräftemangel Index im Zeitraum 2021—2023 in dieser Region spricht dafür, dass der Zuwachs an Berufseinsteigerstellen zumindest teilweise auf Fachkräftemangel zurückzuführen ist, da Unternehmen in Zeiten von Mangel vermehrt auf Berufseinsteiger:innen zurückgreifen müssen (demographischer Wandel). Ebenfalls hohe Zuwächse verzeichnen die Zentralschweiz (+6.1 PP), die Südwestschweiz (+5.8 PP), und Zürich (+5.0 PP).
Hingegen fällt die Nordwestschweiz mit einem moderaten Anstieg von 1.8 Prozentpunkten sowie die Ostschweiz mit einem minimalen Zuwachs von 0.8 Prozentpunkten zurück – obwohl letztere mit einem Anteil von 30.5% in 2024/25 aktuell überdurchschnittlich viele Berufseinsteigerstellen aufweist. In dieser Region stieg die Zahl der Berufseinsteigerstellen erst ab 2022, zeitgleich mit den schweizweit höchsten Werten des Adecco Fachkräftemangel Index, was ein möglicher Hinweis auf einen Zusammenhang zwischen Mangel und Berufseinsteigerstellen sein könnte.
Bildungsniveau: Bildungsanforderungen an Berufseinsteiger:innen zunehmend im Wandel
Ein Blick auf die Bildungsanforderungen der Berufseinsteigerstellen zeigt interessante Unterschiede. Die Mehrheit der Stellen, die keine überobligatorische Ausbildung verlangen, sind Berufseinsteigerstellen (51.1%). Seit 2015/16 ist der Anteil dieser Berufseinsteigerstellen jedoch leicht gesunken (–2.6 PP), was auf eine steigende Nachfrage nach besser qualifizierten Berufseinsteigern hinweist. Gleichzeitig ist der Anteil an Berufseinsteigerstellen, die einen Sekundar-II Abschluss (z. B. Lehre oder Mittelschule) erfordern, um 6.4 Prozentpunkte gestiegen – auf insgesamt 27.6% in 2024/25. Gleiches gilt für Stellen, die eine tertiäre Ausbildung voraussetzen (z. B. Hochschul- oder Fachhochschulabschluss), bei denen der Anteil an Berufseinsteigerstellen um 5.8 Prozentpunkte auf 18.2% gestiegen ist.
Die Ergebnisse machen deutlich, dass sich die Anforderungen an Berufseinsteiger:innen zunehmend verändern: Gering qualifizierte Personen finden weiterhin Einstiegsmöglichkeiten, doch die Tendenz geht in Richtung höherer Bildungsabschlüsse. Diese Tendenz gilt natürlich für den gesamten Arbeitsmarkt, nicht nur die Berufseinsteiger:innen.
Unternehmensgrösse: Mittel- und Grossunternehmen verzeichnen starken Zuwachs
Kleinunternehmen bieten in 2024/25 den höchsten Anteil an Berufseinsteigerstellen (32.5%), allerdings ist dieser seit 2015/16 sogar minimal gesunken (-0.1 PP). Mittel- und Grossunternehmen zeigen hingegen deutliche Zuwächse an Berufseinsteigerstellen (+7.6 bzw. +7.5 PP), auch wenn ihr Anteil in 2024/25 insgesamt tiefer liegt (28.3% bzw. 24.7 %). Sie rekrutieren folglich verstärkt Berufseinsteiger. Vor allem bei mittelgrossen Unternehmen könnte dies vermehrt mit Fachkräftemangel in Zusammenhang stehen.
Fazit
Der Anteil an offenen Stellen für Berufseinsteiger ist zwischen 2015/16 und 2024/25 in vielen Bereichen deutlich gestiegen– besonders in den MINT und Gesundheits-Berufen und gewissen Grossregionen wie dem Espace Mittelland. Auch Stellen mit höheren Bildungsanforderungen, etwa auf Sekundar-II- oder Tertiärstufe, haben spürbar zugelegt. Gleichzeitig zeigt sich, dass vor allem Mittel- und Grossunternehmen verstärkt Berufseinsteiger rekrutieren.
«Der markante und überproportionalen Anstieg offener Stellen für Berufseinsteiger:innen im Zeitraum nach der Corona-Pandemie könnte ein Indiz für Fachkräftemangel sein, da Unternehmen eher bereit sind eine geringere Anfangsproduktivität in Kauf zu nehmen, um ihre Stellen überhaupt besetzen zu können. Allerdings zeigen weitere Ergebnisse, dass etliche Berufsgruppen mit einem besonders starken Anstieg an Berufseinsteigerstellen zwischen 2015/16 und 2024/25 weder über die Zeit einen stärkeren Fachkräftemangel verzeichneten noch Berufsgruppen sind, in denen aktuell besonders viele Fachkräfte fehlen. Das spricht dafür, dass neben dem Fachkräftemangel weitere Gründe für den plötzlichen Anstieg an Berufseinsteigerstellen nach 2020 sowie den aktuellen Anstieg verantwortlich sein könnten, wie etwa eine ungewohnt gute Arbeitsmarktlage für Berufseinsteiger:innen direkt nach der Corona-Pandemie»
Johanna Bolli-Kemper, Stellenmarkt Monitor Schweiz
Abschliessend lässt sich festhalten, dass der deutliche Anstieg an Berufseinsteigerstellen nach der Pandemie auf eine überdurchschnittlich schnelle Erholung des Arbeitsmarkts für junge Menschen in der Schweiz hindeuten könnte. Wie von Studien für die USA und die Niederlande belegt, zogen sich während der Pandemie viele erfahrene Arbeitskräfte zeitweise vom Arbeitsmarkt zurück und suchten nicht aktiv nach neuen Stellen. Dadurch gab es trotz hoher Arbeitslosigkeit relativ wenig Konkurrenz um offene Stellen – wovon junge Berufseinsteiger:innen besonders profitierten. Ihre Beschäftigungssituation verbesserte sich schneller als jene der älteren Erwerbsbevölkerung, was auf mildere Langzeitfolgen für Berufseinsteiger:innen hindeutet als in früheren Krisen. Ein vergleichbares Muster könnte auch in der Schweiz zu beobachten sein: Zwischen 2020 und 2022 sank die Erwerbslosigkeit der 15–24-Jährigen deutlich schneller als jene der 25–64-Jährigen.
Somit könnten vor allem zwei Faktoren eine Rolle für den markanten Anstieg Berufseinsteigerstellen, insbesondere nach 2020, gesorgt haben. In den Jahren nach 2020 vor allem die relativ schnelle Erholung des Berufseinsteigerstellenmarktes in Folge der Corona-Pandemie. In den letzten zwei Jahren wahrscheinlich eher Fachkräftemangel auf Grund des demographischen Wandels, was den Anstieg des Anteils Berufseinsteigerstellen trotz sinkendem Gesamtstellenangebotes erklären könnte.
Methode und Datenbasis
Der Adecco Group Swiss Job Market Index misst die Veränderungen des Stellenangebots − der Zahl der öffentlich ausgeschriebenen Stellen − in der Schweiz. Der Index ist repräsentativ für das gesamte Stellenangebot in Presse*, auf Unternehmenswebseiten sowie in Internet-Stellenportalen. Er stützt sich auf umfassende Auszählungen von Stellenausschreibungen sowie regelmässige Unternehmensbefragungen. Dank der Kooperation mit Adecco kann der durch den SMM erstellte Index seit März 2008 quartalsweise zur Verfügung gestellt werden. Ein PDF-Dokument mit detaillierteren Angaben zur Datengrundlage und Methodik steht am Ende dieser Seite zum Download bereit. Zudem stehen die aktuellen Indexwerte, die jeweils anfangs April, Juli, Oktober, Januar publiziert werden, als Excel-File zur Verfügung**.
* Aufgrund des Bedeutungsverlusts der Presse für Stellenanzeigen fliesst die Anzahl der Stelleninserate in der Presse seit dem 2. Quartal 2018 nicht mehr in die Berechnungen des Adecco Group Swiss Job Market Index ein.
** Da sich der Stellenmarkt stetig wandelt und wir unsere Erhebungsmethoden dementsprechend anpassen und verbessern, kann es vorkommen, dass die aktuell publizierten Zahlen leicht von früher publizierten Zahlen abweichen.